Ayer's Rock - Wo die Schöpfung begann

ayers-rock-01Hier stand nach der Anschauung der Ureinwohner, die auch "Schwarze Australier" genannt werden, die Wiege der Menschheit

 

ayers-rock-02Mitten in Australien, dem so genannten Roten Zentrum, liegt der größte und schönste Juwel dieser Erde: Ayer's Rock, der Fels Uluru, wie die Aborigines ihn nennen. Morgens leuchtet er aufgrund seiner Pigmentierung goldgelb wie ein Bernstein, Regenwolken verwandeln ihn in einen Opal und abends glüht er wie ein Rubin bei Sonnenuntergang. Er ist der größte Monolith dieser Erde, drei Kilometer lang und zweieinhalb Kilometer breit, 355 Meter hoch. Für die schwarzen Ureinwohner ist er genauso heilig wie für die Juden der Fels im Tempel von Jerusalem oder der schwarze Onyx in Mekka für Mohammedaner oder der Altarstein für die Christen in jeder christlichen Kapelle. Heute noch ist dieser Fels ein Symbol für Begegnung mit dem Göttlichen. Nach einer Legende der Schwarzen fand hier zu Beginn der Zeit die Schöpfung statt.

Der große Aranda „Altjira" hatte hier zu Urzeiten mit seinen göttlichen Urvätern die Schöpfung ins Leben gerufen. Er hatte Sonne, Mond und Sterne ans Firmament gesetzt, die Berge, Flüsse, Wasserlöcher geformt, Eukalyptusbäume und Wildblumen zum Wachsen gebracht und die Tiere, Fische und Vögel zum Leben erweckt. Danach war er müde geworden und ruhte am Uluru von seiner Schöpfungsarbeit aus. Als er erwachte, war er einsam und sehnte sich nach Gesellschaft. So nahm er einen Felsklumpen von Uluru, formte ihn zu einem Menschen, blies ihn an, um ihn zu beleben, und feierte mit ihm die erste Zeremonie. Er erzählte den Menschen alle seine Geheimnisse und ermahnte sie, an den Zeremonien festzuhalten und allen Generationen weiter zu erzählen, um so das Leben und die Fruchtbarkeit in Gang zu halten.

 

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Dies ist der Ursprung der Schöpfungszeremonien, die sich in Tänzen, Liedern, Märchen und Mythen ausdrückte und von einer Generation an die andere mündlich wiedergegeben wurde. Für jedes Geschöpf gab es eine eigene Zeremonie und einen zuständigen Wüsten-Urvater und einen eigenen heiligen Kraftort, den Zeremonienplatz, auf dem diese Feste oft tage- und wochenlang gefeiert wurden. Und jeder war für ein eigenes Geschöpf zuständig, mit dem er sich geistig verwandelt fühlte, wie Bruder und Schwester. Es gab große und kleine Zeremonien für Kängurus, Stachelschweine, Emus, Adler Habichte und Riesenschlangen. Jedes Geschöpf hatte eine eigene Zeremonie. Ganz Australien war überzogen mit Knotenpunkten, den Zeremonienplätzen und Pilgerpfaden,

den so genannten „Songlines", auf denen die Wüstenväter wanderten. So wurde Australien eine einzige große klingende Symphonie mit Liedern, Gesängen, Tänzen und Märchen.

Mythologische Landkarte Australiens:

Ganz Australien war überzogen mit Knotenpunkten, den Zeremonienzentren und Pilgerpfaden, den so genannten „Songlines" oder musikalischen Wanderwegen".

Wo Himmel und Erde zusammenstoßen, beginnt das Leben.

Wenn Himmel und Erde zusammenstoßen, beginnt das Leben auf dieser Erde. Und dafür fühlten sich die Aborigines verantwortlich. Jeder Totem feierte seine eigene Fruchtbarkeitszeremonie, zu der das kreisrunde Erdbild, das Weibliche, mit dem Zeremonienpfahl, dem Symbol für das Männliche, zusammentreffen mussten. Aus dieser Begegnung von Himmel und Erde, Mann und Frau keimte das neue Leben. Es handelt sich bei dieser Zeremonie um ein uraltes Sinnbild der Menschheit und eine Metapher christlicher Mystik für die Schöpfung. Hildegard von Bingen beschreibt in ihrer Schöpfungsvision den ersten Schöpfungstag als Zusammentreffen von Himmel und Erde, wobei eine leuchtende himmlische Energie in die Materie übergeht und diese zum Leben erweckt. Die Lebenskraft nennt sie „Viriditas", Lebenskraft, „lucida materia", die auf die bewegte Materie („turbulenta materia") trifft. Auf dem Visionsbild sehen wir eine kreisende silberblaue Kugel (den Himmel- Symbol der Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn und Hl. Geist), die ein schwarzes Kreisbild wie ein Zahnrad in Bewegung setzt, wobei eine zuckende Flamme – dargestellt als silberner Phallus – in die Erde eindringt und den Lehmklumpen zum Leben erweckt.

Der Mensch, ein Kind der Erde und des Himmels:

Archetyp der Unbefleckten Empfängnis.

Ähnliche Urvorstellungen beschreibt auch die Empfängniszeremonie der Aborigines. Jedes Kind hat einen biologischen und spirituellen Vater und ist Kind dieser Erde und göttlicher Herkunft.

Eine schwangere Frau ist solange Jungfrau, bis sie bei ihrer Wanderung durch die Wüste an einem spirituellen Ort vorbeikommt. Etwa zur Zeit der ersten Kindsbewegung im dritten Monat bemerkt sie einen Stich oder Schmerz. Ein Ratapa oder Kinderkeim dringt durch die Hüfte in ihren Leib ein und erweckt das Baby zum Leben. Wird das Kind dann geboren, so gehört es dem betreffenden Urvater an, den sie gerade bei diesem Augenblick gesehen hat. Ist die Frau zum Beispiel an einem Emu-Urvater vorbeizogen und hat dort die ersten Zeichen der Schwangerschaft wahrgenommen, dann ist ein Emu-Keim in sie eingedrungen, sodass das Kind zum totem der Emus gehört. So entsteht eine ganz neue spirituelle verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Menschen zu Schöpfung und zu ihren göttlichen Wüstenvätern. Das Kind erhält einen damit zusammenhängenden Rufnamen, wie z.B. kleines Emu oder Emufeder und feiert mit allen anderen Emu Totemmitglieder die Emu-Zeremonie.

Ganz ähnlich beschreibt Hildegard in ihrem Visionsbild von der Entstehung des Menschen die biologische und spirituelle Empfängnis. Ein Mensch wird gezeugt von seinem biologischen und himmlischen Vater: Kind der Erde und Gotteskinde, ein Ebenbild Gottes.