Die Geheimzeremonien der Aborigines in Zentral Australien

Prof. Dr. Theodor Strehlow

Theodor Strehlow und AboriginesBild: Theodor Strehlow und Aborigines

Im Gegensatz zu den Corroborees,also den Volkstänzen der Aborigines, die heute für jedermann zugänglich sind, waren ihre Geheimzeremonien heilige totemistische Vorführungen, an denen nur die eingeweihten Aborigine Männer teilnehmen durften.

Die Geheimzeremonien sind so gut wie niemals von Weißen gesehen worden, außer von dem englischen Biologen Spencer und dem Postmaster von Alice Springs Gillen, die auch in ihrem Buch „Arunta" über die Arandakultur von Zentralaustralien berichteten.

Seit dieser Zeit haben nur noch ein paar Anthropologen und Missionare vereinzelte rituelle Vorführungen in diesem Teile des Landes zu Gesicht bekommen, aber seit 1896 bin ich wohl der einzige Weiße gewesen, der an mehreren vollständigen zeremoniellen Zyklen teilnehmen konnte.

Theodor Strehlow mit den den Aranda UreinwohnernBild Theodor Strehlow mitit den Aranda Ureinwohnern

1933 – 1935 sah ich drei weitere vollständige Zyklen im Aranda Gebiet. 1949 gewährte mir die neu gegründete „Australische Nationaluniversität von Canberra" die nötigen Mittel, um in Zentralaustralien Farbfilme zu drehen und Tondrahtaufnahmen von solchen Geheimzeremonien aufzunehmen. Die religiösen Vorstellungen unserer Eingeborenen sollten dadurch für die Zukunft gerettet werden, denn die junge Generation unserer Eingeborenen hatte an dem alten Glauben ihrer Väter kein Interesse mehr.

1949 – 1950 zeichnete ich Tondrahtaufnahmen von 16 Stunden Länge auf und drehte auch etwa 1600 Meter Kodak Chrom Farbfilme. Unter ihnen befinden sich fünf verschiedene totemistische Kulte, d.h. fünf verschiedenen Rituale.

Der Film über den Japalpa Kult spielt im westlichen Mac Donnald Gebirge.

Die Red BanksBild Die Red Banks

Dieses Gebirge des australischen Innern war deshalb so wichtig, weil nur hier eine Lebensexistenz für die Ureinwohner möglich war. In anderen Teilen des Zentrums kam der Regen nur in ganz unregelmäßigen Abständen. Im übrigen Mac Donnald Gebirge habe ich erlebt wie es in einem Jahr nur 1 cm regnete, während es in einem anderen Jahr mehr als 1 Meter Regen gab. Man kann sich also nie auf den Regen verlassen. Die Gebirgszüge bilden für die Einwohner zu jeder Zeit einen Schutz vor Dürre und Hungerstod, weil dieser Teil vom Finke Fluss mit seinen neun Wasserlöchern durchzogen wird. Die Aborigines zogen sich von allen Landesteilen ins Gebirge zurück und wenn dann das Land von gewaltigen Regenstürzen neu belebt wurde, floss das Wasser von den gewaltigen Felsmassiven in ein gewaltiges Netz von trockenen Flussläufen und wurde von hier in eine Anzahl von grossen Strombetten weiter geleitet, so dass dieses Wasser dann in andere trockene Gebiete gelangte, die manchmal hunderte von Kilometern entfernt lagen.

Bild Überschwemmung der Wüste

Wenn eine grosse Dürre eingetreten war, wurden sie gezwungen, in die Gebiete ihrer Nachbarn zu flüchten, welche im Gebirge südlich der Ebene wohnten. Die Tierwelt tat vielfach das Gleiche. Die Emus und Beuteltiere, die nicht ohne Wasser leben können, flüchteten ebenfalls ins Gebirge. Andererseits ziehen die Vögel in den tropischen Norden. Die meisten Insekten starben, ließen aber ihre Eier an Plätzen zurück, wo sie in Sicherheit auf den belebenden Regen warteten.

Standley ChasmBild Standley Chasm

Eidechsen und Schlangen blieben zurück, erlitten aber schwere Verluste. Die meisten Lebewesen können sich nur durch Flucht retten. Das Gebirge allein versperrte dem drohenden Tode den Weg. Hier gab es Wasserlöcher, in denen es noch von Fischen wimmelte, auch Quellen, welche nie versiegten. Die meisten grossen Wasserlöcher in diesem Gebirgen waren noch dazu heilige Kultstätten, in deren nächster Nähe kein Lebewesen getötet werden dufte. Diese weise Regel ermöglichte ein Überleben für die grosse Mehrheit flüchtender Tiere und Vögel, bis der gütige Sommerregen wieder das Land befruchten konnten.

Japalpa war ein anderer Zufluchtsort. Nur noch vier Wochen standen der Hoffnung auf Regen zu Verfügung. Ende März wäre alles vertrocknet; die Gräser, Yamwurzeln und Yelka Knollen sowie die einheimischen Fruchtpflanzen. Sie brauchten reichliche Hitze, um überhaupt wachsen zu können.

Endlich zogen wieder einmal die Wolken auf, aber kein Regen, wie so oft in den vorhergegangenen Monaten des Wartens und der Enttäuschung. Die Luft war heiß und trocken und mit Staub erfüllt, das Vieh starb, selbst in der Umgebung von Wasserlöchern. Das Gras, welches noch im Sommer des vergangen Jahres wuchs, war meistens schon abgefressen. Überall fürchtete man sich vor einer verheerenden Dürre. Und mit einem Male fing es an, sanft zu regnen, zwei Tage nachdem ich diese Berge gefilmt hatte. Es war Mittwoch nach Mitternacht. Donnerstag kamen gewaltige Regengüsse auf und am Freitagnachmittag floss der Finke Fluss in voller Wucht von den Gebirgszügen in die Ebene hinunter.

Flutbilder: Fink RiverFlutbilder: Fink River

Eine Stunde vorher war das Finke Bett noch länger als zwölf Monate lang trocken gewesen. Nun strömt der Fluss in urwüchsiger Kraft vorbei, unaufhaltsam auf sein Ziel zu. Die Simpson Wüste, etwa 600 km südöstlich gelegen war sein Ziel, welches der Finke etwa zwei Wochen später erreichen würde.

Innerhalb einer Woche gab es Fische in allen, von der Flut berührten Wasserlöchern. Enten und Wasservögel umkreisten die Flut. Papageien, Tauben und Vögel aller Art flogen scharenweise umher. Der rote Erdboden hatte ein zartgrünes Gewand angelegt. Wilde Puten, Emus, Kängurus und andere Tiere waren plötzlich wieder wie aus dem Nichts empor getaucht. Die Insekten erwachten zu Millionen zu einem neuen Leben. Einen Monat später, nach dem Ende der Dürre, glänzten die Früchte schon wieder an den einheimischen Fruchtbäumen. Yelka Knollen und Yams wuchsen in der Erde der Ebene, die von der Flut überschwemmt worden waren. Der Duft von goldenen Akazien Blüten lag über tausenden von Quadratkilometern des Innern und in den Gräsern reifte schon der Same. Der furchtbare Kampf ums Dasein war vorüber. Nach zwei Tagen schweren Sommerregens konnten Menschen und Tiere einer mühelosen Existenz auf ein weiteres Jahr gewiss sein.